Rund um den Glockenturm 08/09 2025

4 Rund um den Glockenturm · August/September 2025 Moment mal! Für ein freies Leben mit offenem Geist Freiheit, Träume, feste Wurzeln Das Lied »Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer« ist eines der beliebtesten Lieder im Gesangbuch. Auch ich mag es sehr. Da fließen so schöne Worte an mir vorbei: Liebe, Gras, Ufer, Wind, Weite, Zuhaus, Freiheit, Träume, Wurzeln. Ich nehme sie wahr, vielleicht, weil sie so schön nach Urlaub und Geborgenheit klingen. In der dritten Strophe klingt es dann ganz anders: Mauern, Gitter, Angst, Gefängnis. Weite und Freiheit können offenbar Angst machen, dass ich lieber eine Mauer zum Schutz errichte. Und in der vierten Strophe erscheint Gott als Richter, der mich freisprechen muss. Wovon und Warum? Diese Zeilen bleiben mir fremd. Doch der Refrain am Ende versöhnt mich wieder, da sind die vertrauten tröstenden Worte: Freiheit, Liebe, Wind, Weite, Ufer und Zuhaus. Das Lied mit den vertrauten, glücklich machenden Worten ist Teil meines tief in mir verankerten Glaubens. Es ist keine Kopfsache, die da in mir passiert. Ich mag das Lied trotz der Irritation in der vierten Strophe. Ich habe Ihnen ein Bild mitgebracht. Zu sehen ist der Steg des Ferienhauses an einem Seitensee des Stettiner Haffs, wo wir im Juni wieder einmal ein paar Tage Urlaub verbracht haben. Eine traumhaft schöne und ruhige Gegend kurz vor der polnischen Grenze in Vorpommern. Dort ist nichts als Wald, Wiesen, Wölfe, Seeadler und viel, viel Gegend. An diesem Steg lag das Ruderboot, das zu dem Haus gehört. Es ist für mich das Bild zu dem Lied: Ein Steg mit Gras und Ufer, dahinter Wind und Weite. Dort komme ich zur Ruhe vor mir und zur Ruhe vor Gott. Hier kann ich wurzeln, um daraus Kraft für Träume zu ziehen. Von diesem sicheren Hafen aus sehe ich das Schilfgras, die Weite des Haffs. Ich kann hinausrudern, kann Wind und Freiheit spüren. Angstfrei und in dem Wissen, dass dort ein sicherer Hafen liegt, im Schutz des Schilfs. Für ein freies Leben mit offenem Geist und lebendigen Träumen brauchen wir feste Wurzeln. Ohne sie kann Freiheit Angst machen: Vor der Welt, davor Fehler zu machen, vor anderen Menschen, vor der eigenen Entscheidung. Wenn wir hingegen gut geerdet sind und starke Wurzeln haben, bringt uns nicht jeder Windstoß und jede Unsicherheit im Alltag aus dem Gleichgewicht. Wir haben Stabilität und inneren Halt, um die Dinge im Hier und Jetzt ruhig und gelassen anzupacken. Halt, den wir brauchen, um frei entscheiden zu können. Wenn wir glauben, können wir diesen Halt in Gott finden. Mir gibt mein tiefes Vertrauen, dass ich nie tiefer fallen kann als in Gottes Hand, die nötige Kraft, Angstmauern einzureißen und die Sicherheit, Wind, Weite und Freiheit genießen zu können. Mit Gottvertrauen kann ich gut geerdet durch das Leben gehen. Gras und Ufer sind dabei mein sicheres Zuhaus. Ich wünsche Ihnen Liebe, Gras, Ufer, Wind, Weite, Zuhaus, Freiheit, Träume und feste Wurzeln! Bleiben Sie behütet! n Ihr Prädikant Wolfgang Gutzeit

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