Rund um den Glockenturm Oktober/November 2024

Rund um den Glockenturm · Oktober / November 2024 4 Zwischen Land und Wasser Ich war zum ersten Mal in England. Mit dem Zug ging es unter dem Ärmelkanal hindurch: Mehr als 20 Minuten unter Tage im Tunnel und mit einer Geschwindigkeit von 300 Stundenkilometern. Ich hielt einen Augenblick inne und überlegte: »Es muss alles zusammenpassen, damit wir heil in London ankommen. Mensch, Maschine und Welt müssen zusammenarbeiten und harmonieren.« Gottseidank – da waren wir auf der anderen Seite – England. London, die quirlige Großstadt, verließen wir mit Ziel Canterbury. Die große Kathedrale der Anglikanischen Kirche lag direkt neben unserem Hotel. Wir gingen auf Entdeckungstour: ein Bier im Pub, Fish and Chips, Teatime. Ganz wichtig: The White Cliffs of Dover – die bekannten Kreidefelsen. Auf der Wanderung an den Cliffs kam ich an einen Strand. Am Weg standen viele Holzbänke. Sie boten an: Hier kannst du rasten und weit auf das Meer schauen. An einigen hingen Blumenvasen. Die grünen schmalen aus Plastik, die oft auf dem Friedhof zu finden sind. In manche waren Blumen gesteckt. An diesem Strand traf ich Dorothea, eine ältere Dame mit Hund. Wir kamen ins Gespräch. Sie bot mir an: »Ich kann Sie zum Bahnhof fahren.« Das Angebot nahm ich gern an und wir gingen gemeinsam weiter. »Warum sind da Blumenvasen an den Bänken?«, fragte ich sie. »Die Menschen stiften sie in Erinnerung an einen geliebten Verstorbenen«, erklärte sie mir. »Schau, da ist eine Plakette drauf mit dem Namen.« Da erst sah ich sie: die Messingschilder mit Namen. Ein Ort der Erinnerung – für Angehörige. Ein Ort der Besinnung und der Erholung – für müde Wanderer. Mitten im Leben erinnern diese Bänke mit ihren Plaketten: Bedenke, dass du sterben musst. Im gleichen Augenblick spüre ich Trost. Die Liebe der Angehörigen wird sichtbar – sie erinnern mit den Bänken an die Verstorbenen, ihre Liebe zu ihnen und holen sie in Erinnerung an diesem besonderen Ort. Tröstlich ist für mich der Blick auf das Meer. An der Grenze zwischen Land und Wasser ist Gott für mich besonders spürbar. n Katharina Born Moment mal! Ein Lied aus unserem Gesangbuch (EG 533) passt für einen Augenblick auf der Bank: Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand, die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt. Es münden alle Pfade durch Schicksal, Schuld und Tod doch ein in Gottes Gnade trotz aller unserer Not. Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit.

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